Donnerstag, 05 Dezember 2019 16:35

Made in Berlin: Ringbuchkalender aus Störleder, Straußenleder und vegan

„Offline ist Luxus“, lautet der Leitspruch von Karsten Kossatz. Der 27-jährige ist Inhaber einer Werbeagentur und hat den Org-Verlag 2011 im Alter von gerade einmal 19 Jahren mit sechs Mitarbeitern aus dem Nachlass der Gründerfamilie übernommen. Seit exakt 71 Jahren fertigt der Verlag, der vielmehr einer Manufaktur gleicht, in Berlin seine Ringbücher: Zunächst in Friedenau, dann in anderen Ortsteilen Schönebergs und später in der Friedrichstraße 236. Im Jahr 1993 fand die Firma einen Standort unweit des Flughafen Tegels. Dort vereint der Org-Verlag (fast) alles unter einem Dach: Unten wird gedruckt, oben gestaltet, und ab und an kommt der Feinlederer aus Franken vorbei, um die hochwertigen Einbände zu fertigen. Im Erdgeschoß lädt zudem ein Werksverkauf zum Shopping ein, gleich daneben befindet sich der Versand. „Aufgrund der hohen Kosten für die Manufakturherstellung in Berlin können wir die Handelsmargen nicht auch noch aufbringen. Daher haben wir uns entschieden, unsere Produkte ausschließlich direkt zu vermarkten – via Online-Shop auf www.org-verlag.de und in unserem Werksverkauf“, erklärt Kossatz.

Doch was verbirgt sich eigentlich hinter einem Ringbuchkalender? Zunächst einmal: Vielfalt. Denn die Hülle und der Inhalt müssen nichts miteinander zu tun haben. So bietet Kossatz drei Grundformate an: Piccolo, Junior und DIN A5 mit 5er, 6er oder 9er Ringmechanik. Die Ringbücher gibt es in ganz unterschiedlichen Ausfertigungen: Als Sattelleder-Ringbuch, aus Hirschnappa, in Lachsleder oder aus Öko-Rindnappa aus einer kleinen Allgäuer Bio-Rinderzucht. Besonders Extravagante wählen das Ringbuch aus Störleder, aus besonders hochwertigem Straußenleder oder passend zum eigenen Stil als veganes Ringbuch aus Textil. „Wir haben auch ein Ringbuch für Handwerker zum Rollen für die Hosentasche. Aber egal, welche Variante gewählt wird, unsere Produkte sind immer nachhaltig, denn das verwendete Leder fällt ausschließlich als Nebenprodukt in der Tierzucht an und wird von uns umweltfreundlich in Berlin und Franken gegerbt, gefärbt und gefertigt. Außerdem verwenden unsere Kunden ihre Ringbücher nicht selten über Jahrzehnte und hüten ihren Offline-Stil ganz bewusst“, erläutert Kossatz.

Dazu passend bestehen auch die am Verlagssitz in der Berliner Druckerei gefertigten Ringbuch-Einleger aus Recyclingpapier und werden zusätzlich in Recycling-Verpackungen versendet – ganz ohne Plastik. Dabei bestimmt der Inhalt den Einsatzzweck: Jetzt, zum Jahreswechsel, dominieren Ringbuchkalender das Geschäft von Kossatz. Aber darüber hinaus gibt es neben dem Wochen-, Planungs- und Jahreskalender für 2020 und 2021, den Familienplaner und den Planer für Dauertermine auch Einlagen wie das Kontenblatt, Textblätter mit Ferien und Messen, 12 Sorten unterschiedlich farbiger und bemusterter Notizpapiere, Benachrichtigungszettel, Kurzbriefe und Gedächtnisstützen. Unter der Rubrik „Extras“ bietet der Org-Verlag Besonderheiten wie die Persönliche Checkliste, etwa für den stressfreien Einkauf, den Ziele/Aktivitäten-Planer, den Zykluskalender, die Blutzucker-Kontrolle sowie Dispositionsplaner etwa für Handwerker. „Der Ringbuchkalender ist so individuell wie unsere Kunden“, sagt Kossatz. Das passt zur Firmenphilosophie, die der Gründer Bruno Mademann geprägt hat: Er sah Zeit als Privileg und gute Selbstorganisation als Schlüssel zu mehr Erfüllung in der Arbeit und im Leben.

Werksverkauf im Verlag: Nordlichtstraße 75, 13405 Berlin (Tegel), Mo. – Do. 8.30 – 15 Uhr

Webshop www.org-verlag.de

 

Geschichte des Org-Verlags

Die Anfänge mit Bruno Mademann

Bruno Mademann war in den 1930er und 1940er Jahren in einem Berliner Verlagshaus tätig. Schon damals philosophierte er über gute Selbstorganisation als Schlüssel zu Erfolg und einem erfüllten Leben.

Die Gründung des Org-Verlags

Mademann Nach dem 2. Weltkrieg übernahm Bruno Mademann, was von dem Verlagshaus übrig war. Die alten Gesellschafter waren aus dem Krieg nicht zurückgekehrt. Er gründete den Org-Verlag Mademann oHG. Gute Selbstplanung und Organisation waren ihm sehr wichtig und er wusste, dass die Umsetzung nur mit einem ausgeklügelten System und einem praktischen Planer funktionieren kann. Hier bot sich die Entwicklung eines Zeitplansystems auf Ringbuchbasis an. 1948 entstand das Org-Rat-Ringbuchsystem, welches für Organisation und Rationalisierung stand. Die Materialbeschaffung gestaltete sich schwierig: Alles war Mangelware. Die ersten Mechaniken wurden über die Zonengrenze geschmuggelt und erste Ringbücher wurden aus Kaninchenfellen gefertigt.

Die Etablierung

Rasch entwickelte sich der Org-Verlag und sein Org-Rat zu einem Geheimtipp. Die Angebotspalette wuchs rasant, sodass schon bald fünf verschiedene Ringbuchformate im Angebot waren - Standard, Piccolo, DIN A4, DIN A5 und Kartei. Der Org-Verlag pflegte gute Beziehungen zu seiner mittlerweile großen Stammkundschaft. Mit ihren Anregungen und Tipps wurden die Planungssysteme immer weiter ausgebaut und damit flexibler gestaltet. Auf dieser Grundlage kann der Verlag heute angeben, dass er die „absolute analoge Planungsfreiheit“ bietet. 1976 trat Hans-Henning Mademann in die Firma ein und leitete diese seit 1987 als Mitinhaber. Hans-Henning Mademann war gelernter Schriftsetzer, und damit erfahren in der Druckerei-Branche. Mit ihm gab es einige Neuerungen bei den Angeboten. Die gravierendste Änderung war die Verschmälerung des Standard-Formates um einen Zentimeter. Somit waren die Ringbücher passend für Sakko- und Jackentaschen. Das allseits beliebte Junior-Format des Org-Verlags war geboren.

Übernahme durch Karsten Kossatz

Hans-Henning Mademann verstarb 2011 und seine Töchter konnten den Verlag nicht übernehmen. Rechtsanwalt Wolfgang Kossatz wurde als Nachlassverwalter bestellt und übernahm den Org-Verlag Mademann e.K. auf Wunsch seines Sohnes Karsten Kossatz. Dieser übernahm mit nur 19 Jahren die Führung der Firma. Karsten Kossatz fand einen Weg, um Bewährtes beizubehalten, aber auch frischen Wind in den Verlag zu bringen. Er selbst schätzt gute Organisation, gerade unabhängig-analog, zum Einheften, Umblättern und auch manchmal zum Zerknüllen.

Der Org-Verlag Berlin heute

Seither wird der Org-Verlag von Karsten Kossatz geführt und in den letzten Jahren effizient modernisiert. Die Grundidee des Gründers Bruno Mademann bleibt dabei im Vordergrund: Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Lebens- und Arbeitsqualität durch bessere Organisation grundlegend zu verbessern. Die Werte Nachhaltigkeit, Individualität und Stil und die allumfassende Einstellung, dass Offline-Leben Luxus bedeutet, sind die entscheidenden Werte, die diese Mission vorantreiben.

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